Krankenkassenkarte und Geld
Die AOK hat ihre Zusatzbeiträge von 1,5 auf 1,8 Prozent erhöht. Bei anderen Krankenkassen fällt der Beitrag auch anders aus. Bildrechte: IMAGO/Lobeca

Gesetzliche Krankenversicherung Experte: Kassenbeiträge werden weiter steigen

21. Dezember 2023, 06:47 Uhr

Viele gesetzlich Krankenversicherte werden im kommenden Jahr mehr zahlen müssen. Der Freiburger Sozialexperte Bernd Raffelhüschen sagte MDR AKTUELL, das liege vor allem daran, dass trotz steigender Kosten die Leistungen nicht gekürzt würden. Darum stiegen im kommenden Jahr wohl nicht nur die Zusatz-, sondern auch die generellen Beiträge. Die AOK Plus für Sachsen und Thüringen hatte angekündigt, ihren Zusatzbeitrag von 1,5 auf 1,8 Prozent anzuheben.

Was die Versicherten so kurz vor den Feiertagen ereilt, hat einen längeren Vorlauf. Schon im Sommer hatte Bundesgesundheitsminister Lauterbach höhere Beitragssätze angekündigt.

Die höheren Zusatzbeiträge der AOK Plus von 1,8 Prozent kommen für Daniel Güssow daher nicht überraschend. Güssow ist Geschäftsführer und Versicherungsexperte des Vergleichsportals Check24. "Wir sehen tatsächlich zahlreiche Beitragserhöhungen in Sachsen und Thüringen, aber auch im Rest der Republik."

Bundestag hat den durchschnittlichen Zusatzbeitrag erhöht

Tatsächlich hat der Gesetzgeber vor einigen Wochen den durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 1,6 auf 1,7 Prozent erhöht. Dazu sagt Güssow: "Dieser durchschnittliche Zusatzbeitrag ist eine wichtige kalkulatorische Richtgröße für die Krankenkassen, auch in ihrer Finanzplanung. Am Ende legt jede Kasse ihren individuellen Zusatzbeitrag dann selber fest."

Die AOK Plus hat ihn etwas höher angesetzt als empfohlen. Damit steht die Versicherung nicht alleine da, denn auch andere Krankenkassen haben mehr aufgeschlagen. Andere Versicherungen haben die Zusatzbeiträge dagegen beibehalten.

Auch generelle Beiträge könnten steigen

Laut dem Freiburger Sozialexperten Bernd Raffelhüschen ist es aber nur eine Frage der Zeit, bis sich das ändert. Das liege vor allem daran, dass trotz steigender Kosten die Leistungen nicht gekürzt wurden und werden. "Also wann immer irgendwo es nicht reichte, dann wurden die Beiträge erhöht."

Außerdem sagt Bernd Raffelhüschen voraus: "Insofern muss die Botschaft für das nächste Jahr auch leider eine zusätzlich schlechte sein. Denn es werden nicht nur die Zusatzbeiträge erhöht, sondern es werden auch die generellen Beiträge aller Wahrscheinlichkeit nach im nächsten Jahr noch steigen müssen."

GKV: Milliardendefizit bei Krankenkassen

Raffelhüschen bezieht sich hier auf den Grundbeitragssatz von 14,6 Prozent, den alle Versicherten bezahlen. Klar ist: Die Finanzierungslücke ist groß. Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen, GKV, prognostiziert für 2024 ein Defizit von über drei Milliarden Euro.

Bei der GKV spricht man aber nicht von höheren Beitragssätzen. Richten sollen es die höheren Zusatzbeiträge. Und die könnten auch bei anderen Kassen noch anziehen, antwortet eine Sprecherin auf MDR-Anfrage schriftlich: "Wir rechnen gegenwärtig damit, dass der durchschnittlich erhobene Zusatzbeitragssatz zum 1.1.2024 erkennbar steigen wird, aber noch leicht unterhalb von 1,7 Prozent bleibt. Es stehen jedoch noch Beschlüsse von Verwaltungsräten einzelner größerer Krankenkassen aus, die in den nächsten Tagen getroffen werden."

Experte empfiehlt Wechsel der Krankenkasse

Unabhängig davon haben Versicherte immer die Möglichkeit, ihre Krankenkasse zu wechseln. Und das kann sich für einige in Sachsen und Thüringen durchaus lohnen, sagt Daniel Güssow vom Vergleichsportal Check24. "Die günstigste Krankenkasse erhebt beispielsweise nur ein Zusatzbeitrag von 0,9 Prozent. Das ist die Hälfte von dem, was die AOK Plus jetzt erhebt."

Zum Wechsel sagt Daniel Güssow: "Und wenn sich Versicherte entscheiden, zu einer anderen Krankenkasse wechseln zu wollen, ist das sehr einfach. Sie können direkt online eine neue Krankenkasse auswählen, können dann auch direkt online den kompletten Antrag für die Krankenkasse stellen."

Und die übernimmt dann den Rest. Die Versicherten müssen dann nur noch den Arbeitgeber über die Änderung informieren

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 21. Dezember 2023 | 06:00 Uhr

31 Kommentare

EinKommentator vor 20 Wochen

Diese Aussage ist tatsächlich falsch. Richtig ist: die ukrainischen Flüchtlinge erhalten sofort Bürgergeld. Damit werden für sie zwar die Beiträge aus Steuermitteln finanziert, diese sind aber - wie auch von Ihnen schon erwähnt - mit knapp über 100 Euro monatlich bei Weitem nicht kostendeckend.

kleinerfrontkaempfer vor 20 Wochen

Muß man für diese Prognose ein EXPERTE sein??
Eigentlich ist diese Meldung/beitrag nur der übliche Standard und folgt dem Gesetz der Serie.
P.S. Bei über 100 (?) sogenannten gesetzlichen Krankenkassen in diesem Land sollte klar sein wohin der Beitrags"hase" läuft. Und das ist gut so. Ein stabiler und berechenbarer Faktor tut richtig gut in diesem Land. :-)

part vor 20 Wochen

Unsere Krankenkassen interessieren sich einfach nicht dafür, wofür sie ihr Geld ausgeben, besonders im Pflegebereich. Wenn man ihnen Missstände meldet, ob mündlich oder schriftlich, kommen nur Ausflüchte und Beschwichtigungen. Das System der Krankenkassen läuft weiter in Selbstgefälligkeit, ohne dass genau geschaut wird, wofür was an Leistungen fließt. Einfacher ist es, die Kosten auf die Solidargemeinschaft abzuwälzen und weiterzumachen wie bisher. Kontrollgremien aus der Regierung- Fehlanzeige...

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